Die Vorstellung, dass jeder in unserem Umfeld – sogar unsere Nachbarn, bei denen wir uns mal zu einem Kaffee treffen oder die auf unser Kind aufpassen, wenn wir es selbst nicht können – pädophil sein könnte, ist beunruhigend und schwer zu akzeptieren. Statt in Angst zu leben, sollten wir uns auf präventive Maßnahmen und den Schutz unserer Kinder konzentrieren. Ein informierter und aufmerksamer Umgang mit diesem Thema ist entscheidend, um eine sichere Gemeinschaft für alle zu schaffen.
Definition und allgemeine Fakten
Der Begriff „Pädophilie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet Knabe, Kind bzw. Freund und beschreibt das sexuelle Interesse von erwachsenen Menschen an Kindern, welche die Pubertät noch nicht erreicht haben. Sie gehört zu den psychischen Störungen. Dabei nehmen pädophile Menschen, insbesondere Männer, sexuelle Handlungen an Kindern vor oder konsumieren Kinderpornografie.
Laut „Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ gab es im Jahr 2022 15.500 angezeigte Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch. Die Dunkelziffer ist dabei wesentlich höher und wird auf ca. eine Million geschätzt, da die meisten Vorfälle nicht bei der Polizei gemeldet werden. Man geht davon aus, dass etwa jeder siebte bis achte Erwachsene in seiner Kindheit sexuellen Missbrauch erlebt hat. 25 % der sexuellen Gewaltfälle finden innerhalb des engsten Familienkreises statt, während etwa 50 % im sozialen Nahraum, wie dem erweiterten Familien- und Bekanntenkreis, Nachbarn oder Personen aus Einrichtungen oder Vereinen, die Kinder gut kennen. Auch die Zahl der Fälle von Kinderpornografie stieg im Jahr 2022 aus 42.075 und hat sich somit zum Vorjahr verdoppelt.
Krankhaftes oder bewusstes Verhalten?
Eine häufige Annahme bei der Pädophilie ist die Frage, ob Betroffene krank sind oder sich bewusst für ihre Neigung entscheiden.
Die wissenschaftliche Deutung ist dabei sehr komplex und erfordert eine differenzierte Beobachtung. Wie bereits die Definition zeigt, wird die Pädophilie in der Medizin und Psychologie als psychische Störung eingestuft. Eine solche Diagnose wird gestellt, wenn diese Präferenzen mindestens sechs Monate anhalten und zu erheblichen Belastungen in sozialen Interaktionen und beruflichen Schwierigkeiten führt. Dabei ist es wichtig, zu verstehen, dass sexuelle Präferenzen im Allgemeinen nicht bewusst gewählt werden. Sie sind tief in der menschlichen Psyche verankert und können nicht willentlich verändert werden. Der entscheidende Punkt ist die Unterscheidung zwischen der sexuellen Neigung und dem tatsächlichen Verhalten. Während die Neigung, also die sexuelle Präferenz für Kinder, in der Regel nicht kontrollierbar oder bewusst gewählt ist, ist das Verhalten, das darauf folgt, eine bewusste Entscheidung. Professor Tilmann Krüger erklärt, dass nicht alle Menschen mit einer pädophilen Störung zwangsläufig zu Tätern werden. Es ist wichtig zu betonen, dass Pädophile nicht automatisch mit Missbrauchstätern gleichzusetzen sind, da Missbrauchstäter.
Medizinische Ansätze
Der Grund dafür, dass erwachsene Menschen ein sexuelles Interesse an Kindern entwickeln, ist noch nicht geklärt. Ein Forschungsteam des Kieler Instituts für Sexualmedizin hat in einer Fachzeitschrift neue Erkenntnisse veröffentlicht, die darauf hindeuten, dass Pädophilie möglicherweise mit einer Sexualisierung der Brutpflege zusammenhängt. Des Weiteren wird die Ursache der Pädophilie in: Entwicklungsauffälligkeiten im Gehirn, eigene sexuelle Missbrauchserfahrungen und frühe Bindungs- und Beziehungsstörungen unterschieden.
Unterstützung für Betroffene
Betroffene mit einer pädophilen Neigung entscheiden sich bewusst gegen das Ausleben ihrer sexuellen Präferenzen und suchen therapeutische Hilfe, um ihre Neigungen zu kontrollieren und keine strafbaren Handlungen zu begehen. Doch nicht alle Betroffenen suchen Unterstützung, da sie Angst haben, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Deshalb ist es wichtig, Betroffenen Unterstützung anzubieten, dabei können Gespräche das Problembewusstsein fördern und die Betroffenen dazu motivieren, professionelle Hilfe zu suchen. Der nächste Schritt ist die Behandlung, die meist in Form von Einzel- o. Gruppenpsychotherapie stattfindet, wobei Medikamente ergänzend unterstützen können. Infolge der Behandlung müssen die Betroffenen sich über die Konsequenz ihrer Präferenz klar werden. Ihnen wird geraten, sich in ihrem Umfeld zu offenbaren. Dies kann zwar zur Ablehnung führen, aber auch zur Rettung eines Kindes beitragen. Ein bedeutendes Präventionsprojekt in diesem Bereich ist „Kein Täter werden“, das 2005 von der Berliner Charité ins Leben gerufen wurde. Es ermöglicht Betroffenen, sich kostenlos und anonym beraten, diagnostizieren und therapieren zu lassen. Da sich diese Vorlieben bereits im Jugendalter zeigen, gibt es auch Hilfsangebote für Jugendliche, die Jugendliche dabei unterstützen, um von Beginn an die sexuelle Neigung abzugrenzen. Dabei kann das Berliner Projekt „Du träumst von ihnen“, hilfreich sein, bei dem sich Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren melden. Infolge der Behandlung müssen die Betroffenen sich über die Konsequenz ihrer Präferenz klar werden.
Schlusswort
Pädophilie ist ein komplexes und tabu behaftetes Thema, das dringend mehr Aufmerksamkeit und offene Diskussion erfordert, um künftige Übergriffe auf Kinder zu verhindern. Es ist entscheidend, Betroffenen durch Gespräche und therapeutische Maßnahmen zu helfen, ihre Neigungen zu akzeptieren und zu kontrollieren. Mit der richtigen Unterstützung können sie lernen, ihre Impulse zu kontrollieren und ein Leben zu führen, das weder ihnen selbst noch anderen schadet. Nur durch kontinuierliche Aufklärung und präventive Maßnahmen können wir effektiv gegen sexuellen Missbrauch vorgehen und Kinder schützen.
Von Hanna, Finja und Hilari
Quellen:
https://www.uni-kiel.de/pressemeldungen/index.php?pmid=2018-041-decoding-
pedophilia
https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/psychische-
gesundheitsst%C3%B6rungen/paraphilien-und-paraphile-
st%C3%B6rungen/p%C3%A4dophile-st%C3%B6rung
https://www.swr.de/swrkultur/wissen/paedophilie-erkennen-therapieren-
unterdruecken-swr2-wissen-2021-10-27-100.html
https://www.deutschlandfunk.de/paedophilie-im-hirnscan-angst-vor-der-tat-100.html
https://kein-taeter-werden.de/
https://www.derstandard.de/story/2000142581775/paedophilie-die-hintergruende-der-
sexualstoerung
https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/paedosexualitaet
https://beauftragte-missbrauch.de/themen/definition/zahlen-zu-sexuellem-kindesmissbrauch-in-deutschland
https://tour41.net/die-offiziellen-zahlen/
https://www.pexels.com/de-de/foto/alt-puppen-puppen-spielzeug-3944/
https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/paedophilie-wegspritzen-medikament-scheint-triebe-von-potenziellen-taetern-zu-bremsen